Vollgefedertes E-Bike verliert sich im Mix verschiedener Gattungen (2024)

Anscheinend entdeckt gerade ein Experte für urbane E-Bikes nach dem anderen seine Vorliebe für alles, was jenseits des Asphalts wartet. Vor wenigen Tagen stellte Ampler eine Trekking-taugliche Version des Modells Curt vor. Nun folgt mit Cowboy ein noch prominenterer Name. Bislang stand dieser ausschließlich für stylische, leichtere E-Bikes, die ihr zuhause in der Stadt haben. Mit dem Cowboy Cross wagt die in Brüssel beheimatete Marke erstmals den Schritt heraus aus dieser Nische. Dabei bleiben mindestens zwei Merkmale auf der Strecke, die zuvor auf jedes E-Bikes des Herstellers zutrafen.

„Wir orientieren uns direkt an den Wünschen und Bedürfnissen der Radfahrer:innen. Diese können nun im wörtlichen Sinne weiter fahren und größer denken, wenn es darum geht, wohin ihr Fahrrad sie bringen kann. Cross bringt die Vorteile eines Cowboys einem ganz neuen Publikum nahe: Abenteurer:innen, die mehr Vielseitigkeit, Fitness und Freiheit wollen.“
Adrien Roose, Mitgründer und CEO von Cowboy

Mitgründer Adrien Roose (links ) und Tanguy Goretti von Cowboy

Von allem etwas

Wie auch immer ihr zur Idee von Cowboy stehen mögt – sie ist auf alle Fälle konsequent umgesetzt. Die von Cowboy verliehene Einordnung als All-Road-Bike hat sich das neue Cross vollauf verdient. Komplett veränderte Geometrie. Federgabel. Gefederte Sattelstütze. Breite Reifen. Mehr Akkukapazität. Diese Zutaten hat es definitiv gebraucht, um aus einem Cowboy, wie wir es bisher kannten, ein … hm, sagen wir All Terrain Bike zu machen. Für ein Trekking-E-Bike kommt es etwas zu massig daher und bietet zu wenig Möglichkeiten zum Mitführen von Gepäck. Gleichzeitig reicht der Federweg von jeweils 40 Millimetern bei Federgabel und Sattelstütze nicht aus, um von einem E-Mountainbike zu sprechen. Auch nicht von einem Hardtail.

So richtig eindeutig mag das Zuordnen zu einer bestimmten Fahrradkategorie nicht gelingen. Feststeht dennoch, dass Cowboy ein entspannteres Fahrradfahren im Kopf hatte, als die Rahmengeometrie für den Neuling Gestalt annahm. Korrekterweise muss man von zwei Neulingen sprechen. Schließlich stellt der Hersteller das Cowboy in zweierlei Form auf die Straße. Zum einen mit einem Step-Over-Rahmen, bei ihr beim Aufsteigen auf das Fahrrad das Bein über das Oberrohr schwingen müsst. Zum anderen gibt es einen Step-Through-Rahmen, sprich mit einem tiefen Einstieg.

Cowboy Cross mit Step-Over-Rahmen
Cowboy Cross ST mit Step-Through-Rahmen

Fokus auf bequemem Fahren

Für einen Vergleich der Geometrien ziehen wir das Cowboy Cruiser sowie das Cowboy Cruiser ST als jeweilige Bezugsgröße heran. Auf seiner Webseite gibt der Hersteller die Geometriedaten der vier Bikes unterschiedlich detailliert an. Das erschwert ein exaktes Gegenüberstellen. Möglich wird zumindest ein Beurteilen der Sitzposition, da jeweils Stack und Reach aufgeführt sind. Das Verhältnis zwischen beiden Werten sagt etwas darüber aus, wie aufrecht ihr auf dem Fahrrad sitzen werdet. Je kleiner der Wert, desto gestreckter, desto aerodynamischer die daraus resultierende Position. Beim Cowboy Cruiser beträgt das Verhältnis rund 1,41. Das des Cowboy Cross lässt sich auf 1,60 runden. Zudem misst das Cross rund zehn Zentimeter mehr in der Gesamtlänge. Folglich nehmt ihr auf dem E-Bike eine entspanntere Position ein und erhaltet durch den längeren Radstand mehr Laufruhe bei höheren Geschwindigkeiten.

Deutlich geringer fällt der Unterschied zwischen Cowboy Cruiser ST und Cowboy Cross ST aus. Bei beiden beträgt der Quotient aus Stack und Reach ungefähr 1,77. Damit sollte sich das ganz ähnlich anfühlen, wenn ihr auf dem einen oder anderen Platz nehmt. Erneut erweist sich das Cross als länger, was größtenteils auf den anders gestalteten Hinterbau zurückzuführen ist. Grundsätzlich spiegelt sich in den Geometrien der beiden Cross-Rahmen die Ausrichtung auf das längere Fahren mit dem E-Bikes wider. Zudem sind die Sitzpositionen stärker darauf ausgelegt, zusammen mit dem Federungssystem euch möglichst viel Fahrkomfort zu bieten, wenn der Untergrund eben auch mal rauer wird.

Neue Dimensionen bei Gabel und Reifen

Beim Federsystem greift Cowboy auf eine Upside-Down-Federgabel zurück. Wie es der Name sagt, sitzt bei der das federnde Element inklusive der Dichtungen unten statt oben. In der Folge erinnert sie dort, wo sie in das Steuerrohr hineinführt, in ihrer optischen Schlichtheit eher an eine Starrgabel. Das unterstreicht das an die anderen Modelle von Cowboy angelehnte urbane Design des Cross. Zumal der Federweg wie erwähnt gerade einmal 40 Millimeter beträgt. Kleinere Kanten, Kopfsteinpflaster und einen nicht zu hohen Bordstein kann die Gabel entschärfen. Für eine wirkliche Geländetauglichkeit reicht das jedoch nicht. Da passt es ins Bild, dass die Reifen sich ebenfalls ganz klar eher für das Fahren auf Asphalt und anderen versiegelten Untergründen eignen. Ihr Profil minimiert stärker den Rollwiderstand, als dass es euch Traktion auf losem Untergrund bietet. Immerhin schlucken sie aufgrund ihrer Breite von 60 Millimetern so manche Unebenheit. Übrigens, bei Federgabel und Reifen handelt es sich jeweils um Anfertigungen, die Zulieferer exklusiv gefertigt haben. Auch auf Nachfrage wollte Cowboy nicht verraten, mit wem hier kooperiert wird.

Direkter Anschub

Mit Blick auf Motor und Antrieb vertraut der Hersteller auf Bewährtes. Angetrieben wird das Cowboy Cross durch den bekannten Hinterradnabenmotor. Mit seinen 250 Watt unterstützt der euch im Dauerbetrieb bis zu gewohnten 25 Kilometer pro Stunde. Dabei entwickelt er ein maximales Drehmoment von 45 Newtonmeter. Da die Kraft direkt an der Hinterradachse wirkt, entwickelt sich daraus ein kräftiger Vortrieb. Den regelt der Motor mithilfe eines Drehmomentsensors. Ist mehr Unterstützung erforderlich, zum Beispiel am Anstieg oder beim Fahren im Gegenwind, registriert er dies und holt alles aus sich heraus.

Das müsst ihr ihm nachtun. Denn auch an diesem Modell verzichtet Cowboy auf eine Gangschaltung. Stattdessen begegnet euch ein Singlespeed-System mit einem Carbonriemen in der Übersetzung von 60 Zähnen zu 21 Zähnen. Als eher große Übersetzung ist dies gezielt auf ebene Strecken ausgelegt. Daher lohnt es sich, den Ladestand des Akkus stets im Auge zu behalten. Sollte der mal unerwartet auf null fallen und ihr habt noch eine längere oder hügelige Strecke vor euch, kann das schnell zu einer schweißtreibenden Angelegenheit werden.

Mehr Energie nötig

Um diesem Umstand etwas die Brisanz zu nehmen, hat Cowboy beim Akku merklich zugelegt. Die Kapazität von 540 Wattstunden liegt 50 Prozent über dem bisherigen Höchstwert. Nach eigener Aussage basiert der neue Energiespeicher auf 30 Zellen vom Typ 21700. Mit derselben Größe arbeitet zum Beispiel Bosch bei seinem CompactTube 400. Die Reichweite vergrößert sich künftig auf Streckenlängen von 60 Kilometer bis zu 120 Kilometer.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass das allein Cross durch sein höheres Gewicht bereits nach einem größeren Akku verlangt. Während ein Cruiser und Cruiser ST etwas mehr als 19 Kilogramm wiegen, bringen es Cross und Cross ST auf 27,9 Kilogramm respektive 26,5 Kilogramm. Für ein Schultern der Bikes, damit sie in die Wohnung oder einen Fahrradkeller getragen werden können, dürfte das den meisten von euch zu schwer sein. Dabei steht das in einem städtisch geprägten Umfeld regelmäßig auf dem Plan. Zum reinen Gewicht der Fahrräder kommen gegebenenfalls noch Gepäcktaschen für den Ausflug hinzu. Und generell können die Touren mit einem solchen Modell gern mal länger ausfallen als mit einem herkömmlichen urbanen E-Bike. Dem wollte Cowboy sicher ebenso entsprechen.

Apropos Gepäck. Erstmals überhaupt verfügt ein Modell des Herstellers serienmäßig über einen Gepäckträger. Der ist sogar fest am Rahmen integriert und nimmt 27 Kilogramm an Zuladung auf. Damit würde er sich theoretisch sehr gut zum Nutzen eines Kindersitzes eignen. Leider verbaut Cowboy keines des gängigen Adaptersystem wie MIK HD, Racktime, etc.

Der Gepäckträger ist im Rahmen integriert.

Typisch Cowboy bringt auch Nachteile mit sich

Ähnlich wie im Falle des Gepäckträgers tauchen hier und da weitere kleine Enttäuschungen auf. Das beginnt bei der Rahmengröße. Analog zum übrigen Sortiment beschränkt sich Cowboy erneut auf eine Größe pro Rahmenform. Jede Größe soll einen Bereich von 30 beziehungsweise 40 Zentimetern bei der Körperlänge abdecken. Angesichts der Tatsache, dass das co*ckpit nicht veränderbar ist, erscheinen diese Spannen ziemlich optimistisch. Zur Anpassung könnt ihr lediglich die Höhe der Sattelstütze regulieren. Alternative Vorbaulängen, Vorbauwinkel, Lenkerbreiten oder Lenkerformen fallen als Option weg. Wer mit seinem Fahrrad gern längere Touren unternimmt, weiß, wie essentiell eine hervorragend abgestimmte Position auf dem Fahrrad dafür ist. Die wird sich für eine kleinere Gruppe an Menschen auf dem Cross realisieren lassen, als es Cowboy suggeriert. Zumal für längere Touren schon einmal das Anschrauben eines Flaschenhalters eine tolle Sache wäre. Doch wo jede entsprechende Aufnahmen fehlt, lässt sich auch nichts befestigen.

Aus deutscher Sicht schmerzt zudem der Umstand, dass auch beim Cowboy Cross keine Lichtanlage serienmäßig installiert ist, die den Bestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) entspricht. Wollt ihr ein Bußgeld umgehen, müsst ihr zusätzliche Lichter nutzen – ansteckbar oder fest installiert. In der Regel legt Cowboy den E-Bikes ein entsprechendes Set an Batterielichtern bei.

Mit dem ovalen Frontlicht im Steuerrohr mutet das neue Modell wie ein typisches Cowboy an.

Hardware und Software beispielhaft verwoben

Das im Rahmen integrierte Vorder- und Rücklicht bekommt ihr ausschließlich mithilfe der App an- und ausgeschaltet. Überhaupt spielt die App an kaum einem anderen E-Bike eine derart zentrale Rolle wie bei diesem Hersteller. Das verdeutlicht bereits die Tatsache, dass es keinen Power-Button am Fahrrad selbst gibt. Folglich aktiviert ihr das E-Bike-System über euer Smartphone. Für alle weiteren Funktionen und Einstellungen benötigt ihr ebenfalls zwangsläufig das Gerät. Damit dieses starke Fixierung auf App und Smartphone nicht gegen den Baum läuft, verbaut Cowboy seit einigen Jahren einen Vorbau mit der Option zum induktiven Laden sowie einer Quad Lock-Halterung, die euer Smartphone sicher aufnimmt. Wer sich darauf einlässt, kommt in den Genuss eines absolut schlüssigen Systems, bei dem viele Details reibungslos ineinandergreifen. Auch dies setzt aber zwei Bedingungen voraus. Erstens, euer Smartphone lässt sich induktiv aufladen. Ein kabelgebundener Umweg existiert nämlich nicht. Und zweitens, beim Fahrradfahren muss euer Gerät zwingend in einer Quad Lock-Hülle stecken.

Mit dem Launch des Cowboy Cross sind in der App neue Funktionen hinzugekommen. Die „Live Challenges” wollen euch auf spielerische Weise zum sportlichen Fahren mit dem Cross animieren. Auf mehreren Levels könnt ihr euch verschiedene Belohnungen sichern.

„Bei Cowboy verkaufen wir nicht nur Fahrräder, sondern auch Spaß. Unser Engagement zielt mit auf Fahrer:innen orientierte Innovationen darauf ab, dieses Vergnügen noch zu steigern.”
Tanguy Goretti, Mitgründer und CTO, Cowboy

Mit „Check My Bike” erhaltet ihr dagegen ein Diagnosetool. Die App analysiert ausgewählte Fahrdaten und bewertet, ob das Fahrrad noch wie gewünscht funktioniert oder einen Service nötig hat. Daneben sind natürlich die bereits eingeführten Funktionen auch für das Cross und das Cross ST verfügbar:

  • Find My Bike: GPS-Ortung über SIM-Karte, Bluetooth-Scanner zum Auffinden des Fahrrades innerhalb eines Gebäude
  • Diebstahlalarm
  • Sicherheitshinweise: Warnung vor potenziellen Gefahrenstellen, aktuell für zehn europäische Städte verfügbar
  • Automatische Crash-Erkennung
  • Turn-by-Turn-Navigation über Google Maps
  • Share My Ride: Live-Position mit Freunden teilen, Reaktionen von Freunden über Tracking-Link erhalten
  • Motorunterstützung: Auswahl zwischen Adaptive und Eco
  • Luftqualität
  • Kalorienverbrauch
  • Fahrerprofil
  • Persönliche Rekorde

Sicherheit, Spaß und Motivation sind drei zentrale Motive der neuen Funktionen für die Cowboy Connect App.

Schnelles Entscheiden belohnt

Im Moment bietet Cowboy das Cross in den drei Farben Lava, Moss und Mushroom zu einem reduzierten Frühbucherpreis von 3.499 Euro an. Der gilt laut des Herstellers jedoch nur für begrenzte Zeit. Auf unsere Frage, wie lang dieser Zeitraum sein wird, antworte Cowboy, dass dies noch offen sei. Allerdings nicht gelte der Preis nicht ewig. Wer von euch interessiert ist, sollte also lieber heute als morgen zuschlagen. Später wird das Modell dann voraussichtlich 3.999 Euro kosten.

Cowboy Cross in der Farbe Lava
Cowboy Cross ST in der Farbe Moss
Cowboy Cross in der Farbe Mushroom

Cowboy Cross im Überblick

  • Rahmen: Aluminium 6061
  • Rahmengröße: 165 bis 195 cm – Cross ST: 155 bis 195 cm
  • Motor: Hinterradnabenmotor, 45 Nm, 250 Watt
  • Akku: 540 Wh
  • Antrieb: Singlespeed, Carbonriemen
  • Bremsen: Tektro
  • Gewicht: Cross: 27,9 kg – Cross ST: 26,5 kg
  • Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 140 kg
  • Preis: 3.499 Euro Frühbucherrabatt, später 3.999 Euro
  • Farben: Lava, Moss, Mushroom

Bilder: Cowboy SA

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